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Siebenhundert weniger. Trotz Rindfleischwurst.

Lieber Leser, warum leben und arbeiten Sie eigentlich nicht in Fridolfing? Wieso gehen Sie nicht täglich durch Fridolfing und geben ihr Geld in den dortigen Metzgereien und im lokalen Einzelhandel aus? Wieso haben Sie dort keinen Bauantrag für ein schickes Eigenheim gestellt? Wieso?

Was? Sie wollen gar nicht in Fridolfing wohnen? Aber Fridolfing ist einer von nur Hundert Genussorten in Bayern! Dort gibt es Mozzarella und Joghurt von Ziegen! Zieht das nicht?

Die Stadt Hof hat in einem Jahr siebenhundert Bürger verloren. Das sind 1,5%. Siebenhundert Menschen weniger, die durch die Altstadt flanieren und dort Geld ausgeben könnten. Und das trotz unserer Rindfleischwurst. Die Rindfleischwurst scheint nicht zu ziehen. Fast so, wie der Mozzarella in Fridolfing.

Die großen Unternehmen der Region suchen händeringend nach hochqualifiziertem Personal, keiner von diesen gut ausgebildeten Menschen geht unter 60.000 Euro im Jahr nach Hause. Und alle suchen einen Ort, in dem sie leben und wohnen wollen. Und wir halten eine Rindfleischwurst hin.

Auch wenn 14% der Hofer CSU-Stadtratsfraktion von der Rindfleischwurst leben: sie reicht einfach nicht. Menschen wollen eine lebenswerte Stadt, sie wollen guten ÖPNV, sie wollen KiTa-Plätze, sie wollen schön wohnen und am Abend das Leben genießen, möglichst gleich ums Eck.

Ja, in Hof haben wir einen ÖPNV, aber er ist mit 2,50 Euro – auch für kleinste Wegstrecken – nicht attraktiv. Bei den KiTa-Plätzen sind wir bei fast 100%, nur bewerben wir das nicht. Wohnen könnte man sehr schön in einer Altstadt, aber das lassen wir nicht zu, denn die Baunutzungsordnung sagt einfach nein. Im Vergleich mit anderen Städten Oberfrankens haben wir die niedrigste Anzahl genehmigter Bauanträge pro Kopf. Und wenn man in Hof Gastronomie betreibt, dann wird sehr schnell seitens der Verwaltung entweder der Strafzettelblock oder das Portemonnaie gezückt.

Innenstädte haben sich verändert. Nicht nur in Hof, sondern überall. Die „Einkaufsstadt Hof“ ist ein lange gestriegeltes, totes Pferd. Wer wissen will warum das so ist, der fahre in die Haidt und betrachte rindfleischwurstessend den Amazon-Neubau. Lange. Die Welt hat sich gedreht, Hof kann da nichts dafür und auch nichts dagegen machen. Wir brauchen neue Konzepte für die Innenstadt.

Eigentlich haben wir alles für einen Wandel. Wir haben ein Stadtmarketing. Wir haben ein Leerstandsmanagement. Wir haben eine Wirtschaftsförderung. Wir haben ein Citymanagement. Wir haben ein Bauamt. Eigentlich sind wir ideal aufgestellt.

Aber es fehlt der Wille zum Ziel. Alle genannten Beteiligten arbeiten isoliert, parallel und im Zweifelsfall gegeneinander. Kein Austausch. Das Citymanagement hat erhoben, wie viele Leerstände es in Hof gibt, während die Zahlen fertig beim Leerstandsmanagement abholbar gewesen wären. Eine Farce.

Ich werde beantragen, dass sich die Stadt Hof ein Leitbild gibt. Ein modernes, bürgerfreundliches Leitbild. Und ich beantrage, dass Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung, Leerstandsmanagement, Citymanagement und Bauamt sich beim Erstellen dieses Leitbildes eine Koordination geben.

Das bloße Fördern des Einzelhandels – eine Geißel aus längst vergangenen Zeiten – kommt dem Polieren des Tafelsilbers auf der Titanic gleich. Erst kommen Menschen, dann kommt der Handel. Wir müssen diese Stadt attraktiv machen für Menschen mit gutem Einkommen. Wir müssen ihnen Wohnraum schaffen. Und Gründe dafür, dass Hof ihr Lebensmittelpunkt wird.

Natürlich mag ich Rindfleischwurst. Aber als Snack, nicht als Hauptmahlzeit.

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